Die Elektromyographie
Die regelrechte Funktion der Schließmuskeln ist eine wichtige Voraussetzung für eine perfekte Kontinenzleistung. Durch die Messung der Aktivität der Schließmuskeln ist eine Überprüfung der Koordinierung bei der Stuhlentleerung möglich. Es gibt zwei Verfahren, um diese Muskelaktivität zu messen. Beim Oberflächen-EMG werden fufklebbare Oberflächen-Elektroden hauptsächlich im Zusammenhang mit der Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) bei der Elektro-Neurographie eingesetzt. Zur genauen Untersuchung des Muskels sind diese Elektroden weniger geeignet, da die Aktivität vieler Muskelfasern gleichzeitig erfasst wird.
Beim Nadel-EMG sticht der Arzt hierzu mit einer sehr dünnen Elektrode in den Schließmuskel und leitet die Aktivität ab. Normalerweise kommt es während der Stuhlentleerung zu einer Abnahme der Muskelspannung. Bei einigen Patienten, die an einer Entleerungsstörung leiden, bleiben diese Entspannungen aus. Der Patient "verkrampft" sich quasi beim Stuhlgang. Die Elektromyographie, die auch Elektromyogramm oder EMG heißt und mit den Nadelelektroden durchgeführt wird, ist für den Patienen sehr unangenehm und oft auch schmerzhaft. Aus diesem Grund wird diese Untersuchung nur dann durchgeführt, wenn der Verdacht auf eine neurologische Störung besteht. Das Oberflächen-EMG dagegen ist nicht schmerzhaft und wird in der Regel gut von den Patienten tolleriert.
Wozu dient die Elektromyographie?
Ein entspannter Muskel zeigt normalerweise keine elektrische Aktivität. Doch schon wenn er sich nur leicht zusammenzieht, entsteht elektrische Aktivität, die bei stärkeren Muskelbewegungen noch zunimmt. Leidet der Patient tatsächlich unter bestimmten Muskelerkrankungen und Erkrankungen der peripheren oder spinalen motorischen Nerven, weicht die elektrische Aktivität von der Norm ab.
Folgende häufig auftretende Fragen können mit dem EMG beantwortet werden:
# Handelt es sich bei einer Muskelschwäche um eine Muskelerkrankung oder um eine Erkrankung des zuständigen Nervs?
# Bei der Verletzung oder Entzündung eines Nervs mit der Folge einer Muskellähmung kann das EMG einen Hinweis auf die Prognose geben. Wichtig ist hier, ob noch eine Restaktivität des Muskels nachgewiesen werden kann oder ob es Zeichen für eine Versorgung durch sich wieder regenerierende Nervenfasern (Reinnervation) gibt.
# Indem genau untersucht wird, welche Muskeln von einer Nervenschädigung betroffen sind, kann auch der Ort der Nervenschädigung besser eingegrenzt werden. So kann anschließend in der entsprechenden Körperregion eine gezielte bildliche Darstellung erfolgen beispielsweise durch eine Kernspin-Tomographie
Was ist vor einer Elektromyographie zu beachten?
Nimmt der Patient blutverdünnende Medikamente wie blutgerinnungshemmende Arzneimittel, oder leidet er unter einer Gerinnungsstörung, sollte eine Elektromyographie nicht durchgeführt werden. In zwingenden Fällen kann jedoch eine Untersuchung erfolgen, muss aber dann gegen das Risiko einer Blutung abgewogen werden. Der Arzt muss von schwer wiegenden Infektionen des Patienten wissen wie z.B. Hepatitis oder AIDS, da in diesem Falle Wegwerfnadeln benutzt werden sollten. Üblicherweise werden EMG-Nadeln, wie Operationsbesteck generell, nach der Benutzung sterilisiert.
Wie wird die Elektromyographie durchgeführt?
Bei einem Nadel-EMG sticht der Arzt nach der Desinfektion der entsprechenden Hautstelle eine dünne Nadel-Elektrode direkt in den Muskel. Bei dem Oberflächen-EMG klebt der Arzt Oberflächen-Elektroden auf den Hautbereich über dem zu untersuchenden Muskel. Anschließend wird dann die Messung vorgenommen.
Welche Komplikationen können bei der Elektromyographie auftreten?
Das Nadel-EMG ist leider keine schmerzfreie Untersuchung. Die meisten Patienten empfinden den Einstichschmerz jedoch als erträglich. In sehr seltenen Fällen kann es zu Infektionen oder Blutergüssen im Bereich der Einstichstellen kommen.
Welche alternativen Untersuchungsmöglichkeiten bestehen?
Für die genannten Fragestellungen gibt es keine guten Alternativen zum EMG. Vielfach werden jedoch ergänzende Untersuchungen eingesetzt, insbesondere die Elektro-Neurographie. Meist führt der Arzt letztere beim gleichen Termin durch. In selteneren Fällen können auch Nerven- oder Muskelbiopsien zu einer Diagnosestellung notwendig werden. Biopsien sind Gewebeproben.
Die genaue Analyse erfolgt anschließend am Computer. Der Arzt achtet hierbei besonders auf:
# Die elektrischen Signale, die beim Nadeleinstich entstehen.
# Die Form spontaner Signale bei entspanntem Muskel
# Die Signale, die entstehen, wenn der Patient während der Untersuchung den Muskel vorsichtig anspannt.
Funktionsprüfung des Pudendusnervs
Der Pudendusnerv ist verantwortlich für die Funktion der Schließmuskeln und die Gefühlserfassung im Enddarm und im Dammbereich. Schädigungen des Nerves, die durch Eingriffe im Beckenbereich oder auch durch eine Zerrung des Nerves im Rahmen der Beckenbodensenkung entstehen, können die Ursache einer Inkontinenz oder auch einer Entleerungsstörung des Enddarmes sein. Zur Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit führt der Untersucher eine Sonde mit dem Zeigefinger in den Enddarm ein. Durch eine elektrische Stimulation, die der Patient nur durch einen minimalen Stich wahrnimmt, wird die Funktion der Nerven gemessen. Diese Untersuchung gehört zwar nicht direkt zur Elektromyographie, sie wird aber häufig mit durchgeführt, wenn der Verdacht auf eine neurologische Störung besteht.