Die ärztliche Diagnostik beginnt mit einer ausführlichen Befragung. Wichtige Punkte sind dabei, u.a. die Häufigkeit des Einnässens, Besonderheiten beim Wasserlassen oder ob die Eltern bereits Probleme mit dem Trockenwerden hatten. Auch Fragen, wie das Sauberkeitstraining bisher durchgeführt wurde oder welche Behandlungsmaßnahmen bereits erfolgten, werden gestellt.
Neben der Anamnese ist eine körperliche Untersuchung und eine Untersuchung des Harns (Urin-Status) unabdingbar. Außerdem sollte eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie) der Nieren und Harnwege durchgeführt werden, um körperliche Fehlbildungen sicher auszuschließen. Abschließend werden die Eltern oft beauftragt, die Häufigkeit des Wasserlassens und die Urinmenge in einem 24-Stunden-Miktionsprotokoll zu notieren. Hier nochmal die Punkte der Basisdiagnostik:
- Anamnese (siehe oben)
- Körperliche Untersuchung (Genitale, Rücken, orientierende neurologische Untersuchung)
- Urinuntersuchung (Harnsediment, Harnkultur, spezifisches Gewicht und ggf. Bakteriologie)
- Ultraschall (oberer Harntrakt, volle Blase, Restharn)
- Miktionsprotokoll (2-3Tage) und Enuresiskalender
Finden sich in dieser Basis-Untersuchung Hinweise auf eine organische Störung, so können weitere diagnostische Schritte nötig sein (z.B. Miktionscystourographie, Beckenboden-EMG, Uroflowmetrie). Der Ausschluss einer organischen Erkrankung ist deshalb wichtig, weil sich z.B. Entzündungen oder Fehlbildungen der Harnwege hinter dem Symptom Einnässen verbergen können. Eine übersehene angeborenen Missbildung des Harntraktes oder chronische Entzündungszustände können über Jahre zu einer Zerstörung der lebenswichtigen Nieren führen. Folgende Untersuchungen sind für eine weiterführende Diagnostik notwendig:
- Uroflowmetrie mit Beckenboden-EMG
- Komplette Blasenfunktionsdiagnostik (Zystomanometrie+Uroflow)
- ggf. in Kombination mit direktem Nuclid-MCU (Auschluss Reflux)
- Mictionscysturographie (Harnröhre!)
- Blasenspiegelung
- ggf. weitere uro-radiologische Diagnostik
- ggf. neurophysiologische, spezielle neurologische Untersuchungen (incl.Bildgebung)
Ebenso benötigen begleitende psychische und Verhaltensstörungen bei entsprechendem Schweregrad eine eigene, spezielle Behandlung. Wichtig sind Gespräche mit den Eltern, um mögliche familiäre Situationen zu klären. Gegebenenfalls seelische Konfliktvorgänge aufzudecken. Besonderes Augenmerk wird gelegt auf Zusammenhänge mit bestimmten Ereignissen in Kombination mit einnässenden oder trockenen Phasen. Auch zur Erhebung der Krankengeschichte gehört das Gespräch mit dem Kind und die Untersuchung zur Aufdeckung möglicher Reifungsstörungen oder auch neurologischer Schäden von Hirn- und Rückenmark sowie Neuropathien (Erkrankungen der Nerven ).
Falls das Kind zusätzlich einkotet (mit und ohne Verstopfung) sollte dies ebenfalls zuerst behandelt werden. Alle Einnässprobleme, die tags auftreten, müssen vor den nächtlichen behandelt werden. Ansonsten gilt der Grundsatz, dass immer das Einnässen an sich behandelt wird da, wie viele Studien bisher gezeigt haben, es den Kindern sehr viel besser geht, wenn sie trocken sind und viele der Selbstwertprobleme sich damit zurückbilden.
Psychiatrische Komorbidität und Begleitstörungen
Generell ist die psychiatrische Komorbidität höher bei tags Einnässenden als bei nächtlichen Enuretikern, höher bei der Harninkontinenz bei Miktionsaufschub und der Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination als bei der idiopathischen Dranginkontinenz und höher bei der sekundären als bei der primären Enuresis nocturna. Besonders niedrig ist die psychiatrische Komorbidität bei der primären monosymptomatischen Enuresis nocturna.
Expansive, externalisierende Störungen sind häufiger als emotionale, introversive Störungen. Spezifisch finden sich Enkopresis und Obstipation bei tags Einnässenden, Emotionale, introversive Störungen bei der sekundären Enuresis nocturna, Oppositionelle Störungen des Sozialverhaltens bei der Harninkontinenz bei Miktionsaufschub und Hyperkinetisches Syndrom mit oder ohne Störung des Sozialverhaltens bei primärer Enuresis nocturna.
Störungsrelevante Rahmenbedingungen
Der Leidensdruck der Kinder durch soziale Einschränkungen, negative Folgen wie Hänseln durch andere Kinder, Umgang der Eltern mit dem Symptom sind für die Kinder oft sehr belastend. Wird es als sehr belastend erlebt, besteht eine ausreichende Unterstützung von seiten des Umfeldes, die eine Umsetzung der therapeutischen Interventionen möglich machen?