allgemeine Diagnostik einer Harninkontinenz
 
Harninkontinenz und Anamnese

Diese Seite gibt einen kurzen Überblick über die gängigsten Untersuchungen bei Harninkontinenz. Sie soll helfen zu verstehen, was der Arzt vor hat und was bei so einer Untersuchung gemacht wird. Wir wollen hier keine Aussagen treffen über Sinn und Unsinn solcher Untersuchungen. Auch können wir hier nicht die Risiken der einzelnen Untersuchungen besprechen. Es ist uns aber wichtig zu sagen, dass jede Form von Inkontinenz untersucht und abgeklärt werden muss.
Bei allen Untersuchungen berät sie ihr Arzt sehr gerne über Durchführung und evtl. Risiken! Also haben sie keine Scheu und sprechen sie ihn einfach mal darauf an! Die Untersuchungen sind überwiegend nicht schmerzhaft, aber vielleicht ein wenig unangenehm für sie. Hier folgt nun eine Liste der Wichtigsten Untersuchungen, die der Arzt oder Urologe bei der Anamnese einer Harninkontinenz durchführt.
  • Miktionsprotokoll / Windeltest (Pad-Test)
  • Hustentest
  • Urinuntersuchung
  • Blutuntersuchung
  • digitale rektale Untersuchung
  • Analreflex und Bulbo cavernosus Reflex
  • Ultraschall
  • Röntgenuntersuchungen
  • Uroflowmetrie
  • Flow-EMG
  • Urodynamik
  • Blasenspiegelung
Welche Untersuchungen nun bei ihnen Durchgeführt werden, das hängt auch von der Art und Schwere der Harninkontinenz ab. Wichtig ist, daß sie ihrem Arzt vertrauen, auch wenn die eine oder andere Untersuchung sehr unangenehm für sie sein kann. In vielen Fällen kann eine Inkontinenz erfolgreich Behandelt werden.

allgemeine Diagnostik

Die allgemeine Anamnese einer Harninkontinenz beginnt im allgemeinen mit dem Befragen des Patienten, um schon einmal grobe Anhaltspunkte zu bekommen. Auf die Fragen des Arztes sollte der Patient so genau wie möglich Antworten. Das erspart ihnen unter Umständen lästige und unangenehme Untersuchungen. Der Arzt wird ihnen auch ein Blatt mitgeben, in dem sie ihre Trinkmenge und ihre Toilettengänge Eintragen müssen. So ein Blatt wird Miktionsprotokoll genannt. Es gibt dem Arzt wichtige Hinweise auf die Art der Inkontinenz. Im folgenden Abschnitt werden nun die allgemeinen Untersuchungen kurz Vorgestellt. Diese sind wenig belastend und nicht schmerzhaft, aber sie geben schon entscheidende Hinweise.
Windeltest (Pad-Test)
Zur Objektivierung des Urinverlustes kann ein einfacher Windeltest (Pad-Test) dienen, in dem der Betroffene über etwa 3 Stunden eine Vorlage oder Windel trägt und seinen regulären Lebensgewohnheiten nachgeht, nach diesem Zeitpunkt wird die Vorlage oder Windel gewogen. Häufig lassen sich durch diese einfachen Objektivierungsmaßnahmen zwischen den anamnestisch erhobenen Daten und den objektiv erhaltenen Befunden erhebliche Diskrepanzen feststellen. Wenn jetzt noch auf dem Miktionsprotokoll notiert wird, ob ein starker Harndrang zum Zeitpunkt der Entleerung vorlag, bzw. ob der Betroffene wegen des starken Harndrangs nur naß die Toilette erreicht hat, so ist eine Differentialdiagnose der verschiedenen Inkontinenzformen oftmals möglich.

Hustentest
Differentialdiagnostisch kann manchmal ein sogenannter Hustentest weiterführen. Der Patient hustet mit voller Blase, dabei wird beobachtet, ob es beim Hustenstoß jeweils zu einem passiven Urinabgang kommt. Gleichzeitig wird der Patient gefragt, ob er diesen Urinabgang verspürt, ob sich dabei ein Dranggefühl entwickelt, oder ob er den unfreiwillen Urinabgang unter einer solchen Situation nur durch die nasse Hose bzw. durch die eingenäßte Vorlage feststellt. Das Fragen nach dem Harndrang ist ganz entscheidend, um die konservativ behandelbare Drang-Inkontinenz von der Schließmuskelschwäche (Streß-Inkontinenz) zu unterscheiden.

Urinuntersuchung
Bei dieser Untersuchung wird ermittelt ob eine bakterielle Infektion vorliegt, auch wird der Sedimentstatus ermittelt. Dabei muss eine Urinprobe abgegeben werden. Bei Männern wird diese aus dem Mittelstrahl entnommen, bei Frauen meist mit Hilfe eines Katheters. Diese Untersuchung ist nicht schmerzhaft, kann aber bei Katheterentnahme oft als unangenehm empfunden werden. Die Urinprobe wird dann bebrütet und durch das unterschiedliche Wachstum der Bakterien kann dann der ursächliche Stamm herausgefunden und gezielt behandelt werden.

Blutuntersuchung
Meist wird auch noch eine Blutprobe entnommen, eine Blutsenkung und ein kleines Blutbild angefertigt. Liegt eine reine Blasenentzündung vor so sind die Blutwerte normal, wenn aber die Nieren mit betroffen sind kann man dies anhand des Blutbildes sehen.

digitale rektale Untersuchung
Die digitale rektale Untersuchung liefert Hinweise auf eine Koprostase im Retkum. Durch den gefüllten Enddarm kann ein erheblicher Druck auf den Blasenschließmuskel ausgeübt werden und so zu einer Stressinkontinenz kommen. Besonders wenn der Patient ständig unter Verstopfung leidet, sollte abgeklärt werden, ob eine Koprostase vorliegt. Auch kann durch die Tastuntersuchung festgestellt werden, ob sie Veränderungen an der Prostata befinden.

Analreflex und Bulbo cavernosus Reflex
Eine Druckstimulation der Glans penis (Klitoris) verursacht eine Kontraktion des Analsphinkters (Regelkreis über S3–S4). Beim Analreflex wird der Finger im Analkanal ruckartig hin und her bewegt und die Reflexantwort beurteilt. Beim Bulbo-cavernosus Reflex wird beim Mann die Eichel gekniffen, bei der Frau digital die Klitoris gereizt und dabei die Reflexantwort im Analsphinkterbereich bewertet. Die Prüfung, ob der Patient zu willkürlichem Kneifen des Afterschließmuskels in der Lage ist, hat eine besondere Bedeutung, um die Möglichkeit für ein späteres Beckenbodentraining einzuschätzen. Eine fehlende Schließmuskelkontraktion, Sensibilitätsstörungen im Analbereich, ein abgeschwächter oder auch spastischer Beckenboden können in Ergänzung zu anamnestischen Daten Hinweise für eine neurogene Störung sein, so daß der Betroffene primär einer weiterführenden Diagnostik zugeführt werden muß.

Ultraschall
Aus den Informationen kann der Arzt erste Rückschlüsse auf die mögliche Ursache der Inkontinenz ziehen. Diese Routineuntersuchung ist absolut schmerzfrei und belastet überhaupt nicht. Es werden die Bauchorgane untersucht und auffällige Befunde, wie Nieren- und Blasensteine, Fehlbildungen und Tumore können so erkannt werden. Auch kann man bei der Blase vor und nach dem Wasserlassen Aussagen treffen über Speichervolumen und evtl. Restharnverhalt treffen

Ausscheidungs-Urographie

Die Ausscheidungs-Urographie ist eine Röntgenuntersuchung der ableitenden Harnwege. Mit Hilfe eines Röntgen-Kontrastmittels wird das komplette Harnsystem von den Nieren ausgehend, über Nierenbecken, die beiden Harnleiter und die Blase bis hin zur Harnröhre sichtbar gemacht. Die Untersuchung ist für den Patienten wenig belastend und liefert wichtige Anhaltspunkte für weitere Untersuchungen.

Wie funktioniert die Ausscheidungs-Urographie?
Bei dieser Röntgenuntersuchung sind Kontrastmittel notwendig, um die Dichte von Nieren und Harnwegen zu erhöhen und sie dadurch deutlich sichtbar zu machen. Auf dem Röntgenbild ist das Ganze dann als Schwarzweiß-Kontrast zu erkennen. Die Nieren und ableitenden Harnwege sind hier im Unterschied zur restlichen Umgebung auf dem Röntgenbild weiß. Der weiße Kontrast entsteht dadurch, dass das Röntgen-Kontrastmittel die Röntgenstrahlung absorbiert.

Wann wird die Ausscheidungs-Urographie angewendet?
Die Urographie wird angewandt, um Erkrankungen der Harnwege zu diagnostizieren. Dazu gehören:
  • Wiederholte Nieren- oder Blasenentzündungen (z. B. Pyelonephritis)
  • Tumore in den Nieren oder Harnwegen
  • Harnstau durch Verengungen in den Nieren oder Harnwegen
  • Nieren- oder Harnwegsteine

Was ist im Vorfeld der Ausscheidungs-Urographie zu beachten?
Zur Vorbereitung für die Urographie es notwendig, am Vortag ein Abführmittel einzunehmen. Dadurch soll verhindert werden, dass geblähte Darmschlingen die Sicht auf das Harnsystem verdecken. Zudem sollte der Patient mindestens drei Stunden vor der Untersuchung nichts essen und trinken.

Wie wird die Ausscheidungs-Urographie durchgeführt?
Zur Durchführung der Urographie wird ein jodhaltiges, so genanntes nierengängiges Röntgen-Kontrastmittel in eine Vene am Unterarm injiziert. Dieses Kontrastmittel gelangt dann über den Blutweg in die Nieren und wird von dort aus weiter in die ableitenden Harnwege ausgeschieden. Nach dem Einspritzen des Kontrastmittels werden mehrere Röntgenaufnahmen angefertigt, in der Regel nach fünf, zehn und 20 Minuten. Auf diese Weise kann der Arzt die mit Kontrastmittel gefüllten Harnwege vom Nierenbecken über die Harnleiter bis hin zur Harnblase beurteilen. In einigen Fällen werden Frühaufnahmen im Zeitraum von einer, zwei und drei Minuten nach der Injektion benötigt, um die Ausscheidung des Kontrastmittels aus den Nieren nachvollziehen zu können. Manchmal werden auch Spätaufnahmen bis zu 24 Stunden nach Einspritzen des Kontrastmittels angefertigt. Derartige Aufnahmen sind sowohl bei einer verzögerten Ausscheidung des Kontrastmittels als auch bei Abflusshindernissen erforderlich.

Welche Komplikationen können bei der Ausscheidungs-Urographie auftreten?
Da einige Patienten allergisch gegen Kontrastmittel reagieren, ist es sehr wichtig, den Arzt zuvor zu informieren, falls solche Allergien schon bekannt sind. Zudem darf der Patient, bei dem eine Urographie durchgeführt werden soll, an keiner Schilddrüsenüberfunktion leiden. In diesem Fall würde nämlich das im Kontrastmittel enthaltene Jod zu Komplikationen führen. Bei Schwangeren sollte der Einsatz von Röntgenaufnahmen und Kontrastmitteln nur nach ärztlicher Abwägung von Risiko und Nutzen erfolgen. Das Gleiche gilt für Patienten, die an Nierenfunktionsstörungen (Niereninsuffizienz) oder einer Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) leiden.

Welche alternativen Untersuchungs-Möglichkeiten können angewandt werden?
Neben der Ausscheidungs-Urographie wird noch die retrograde Urographie angewandt. Es handelt sich dabei ebenfalls um eine Röntgenuntersuchung, bei der Kontrastmittel eingesetzt werden. Hier werden Harnleiter und Nierenbecken jedoch von der Blase ausgehend sichtbar gemacht. Allerdings ist die Gefahr einer Infektion bei diesem Verfahren höher. Die Harnblase und Harnröhre lassen sich auch im Rahmen einer Blasenspiegelung (Zystoskopie) untersuchen. Hierbei können zusätzlich operative Eingriffe unternommen werden.

Miktionszystourethrografie MCU

Die Miktionszystourethrografie wird häufig bei Kindern angewandt, wenn bei einer Ultraschalluntersuchung der Blase unklare oder krankhafte Veränderungen zu erkennen waren. Da das Kontrastmittel über einen Katheter zugeführt wird, ist die Untersuchung nicht sehr belastend.
Die Miktionszystourethrografie (MCU) ist eine Röntgenkontrastuntersuchung von Blase und Harnröhre, die während der Blasenentleerung (Miktion) durchgeführt wird. Sie ist besonders beliebt in der Kinderurologie. Die Indikation für eine Miktionszystourethrografie besteht, wenn ein Verdacht besteht auf eine funktionelle Blasenentleerungsstörung, eine Harnabflussstörung, bei der die Ursache unterhalb der Blase liegt, zum Beispiel eine Prostatahyperplasie, Stenosen oder Harnröhrenklappen, vesiko-uretraler Reflux, einem ein- oder beidseitigen Zurückfließen von Harn aus der Blase in den Harnleiter und das Nierenbeckenkelchsystem besonders während der Miktion.

Wie wird die Untersuchung durchgeführt?
Wie bei der Ausscheidungsurografie beginnt das Miktionszystourogramm mit einer Abdomenübersichtsaufnahme. Danach wird über einen dünnen Blasenkatheter Kontrastmittel rückwärts, daher durch die Harnröhre von außen, eingefüllt. Dabei kommen die Formen der Blase und der Harnröhre zum Vorschein.

Durchleuchtung = Aufnahme in Aktion
Die Miktionszystourethrografie ist eine Untersuchung, bei der die Funktion sozusagen "in Aktion" festgehalten wird. Es wird deshalb kein normales Röntgen-Standbild gemacht, sondern durchleuchtet. Durchleuchtung bedeutet eine Aufnahme mit einer speziellen Röntgenkamera, die Bilder in Bewegung machen kann. Dies ist deswegen sinnvoll, weil man mit der zweiten Aufnahme die Blasenentleerung "in Aktion" beurteilen möchte. Harnröhrenengen oder Harnröhrenklappen können beispielsweise so erkannt werden.

Weitere Aufnahmen sichern den Befund

Während der Patient seine Blase entleert, wird ebenfalls eine Aufnahme beider Nieren gemacht. Damit kann der Schweregrad eines möglichen Refluxes beurteilt werden. Schließlich wird eine Übersichtsaufnahme des Beckens angefertigt, mit der man erneut einen möglichen Restharnbestand in der Blase registrieren kann.