operative Behandlungsmethoden bei Stuhlinkontinenz
 
operative Behandlung der Stuhlinkontinenz

Es gibt eine ganze Anzahl operativer Methoden. Bei einem Sphinkterdefekt ist eine Rekonstruktion möglich, bei Rektumprolaps die transabdominale Rektopexie oder perineale Verfahren. Ist der Sphinkter schwach, aber zirkulär intakt, kommt eine Raffung in Frage. Manche dieser Operationen führen nicht zu einer Dauerheilung, wohl aber zur Besserung meist für einige Jahre. Alle Eingriffe in der Region des Kontinenzorgans sind kaum belastend und somit auch für ältere Patienten noch durchführbar.

Die operative Therapie der Stuhlinkontinenz sollte nicht zu früh als die letzte Möglichkeit einer Behandlung angesehen werden, denn in vielen Fällen führt eine Ergänzung der verschiedenen konservativen Behandlungsarten bereits zu einem ausreichenden Afterverschluss und verbesserten Einhaltevermögen. Da auch die konservative Therapie durch allgemeine Maßnahmen und die spezielle konservative Therapie mit Geräten nur bei intakter Muskulatur funktionieren kann, hat die sehr anspruchsvolle chirurgische Therapie drei Strategien entwickelt.
Reparaturoperationen des Schließmuskels
Defekte im Muskelring des äußeren Schließmuskels am After oder eine Überdehnung des Beckenbodens rühren häufig von Geburtsverletzungen oder Dammschnitten her. Durch narbige oder bindegewebige Veränderungen ist die Muskulatur nicht mehr in der Lage, den Analkanal hinreichend zu verschließen. Mit den so genannten Sphinkter-Repair-Operationen wird zum einen durch überlappende Naht des Schließmuskels oder Einengung der Beckenbodenschlinge die anatomische Funktion des Schließmuskels wieder hergestellt, zum anderen der Beckenboden gerafft oder in einer Kombination mehrerer Operationsmethoden der Schließapparat so verändert, dass ein normaler Stuhlgang wieder möglich ist.

Schließmuskelersatzoperation
Sollten die Reparaturoperationen am Schließapparat nicht zum gewünschten Erfolg einer zufriedenstellenden Kontinenzleistung führen, so kann chirurgisch ein Ersatz für den Schließmuskel geschaffen werden. Dazu wird ein schlanker Muskel (M. gracilis) von der Innenseite des Beins schleifenförmig um den Analkanal gelegt und mit Nähten befestigt, daher auch die Bezeichnung Grazilisplastik. Mit einem speziellen Schrittmacher, der am Unterbauch unter die Haut implantiert wird, kann der Muskel über zwei Elektroden gereizt werden, so dass er sich zusammenzieht und den Analkanal verschließt. Wird der Stimulator vom Patienten mittels eines Magneten von außen abgeschaltet, dann erschlafft der Muskel und die Stuhlentleerung kann erfolgen. Wird das Gerät wieder eingeschaltet, dann spannt der Muskel wieder an. Durch die anhaltenden elektrischen Impulse ändern sich die Skelettmuskelfasern in ermüdungsarme Muskelfasern, die eine Dauerspannung aufrechterhalten können. Es bedarf einer längeren Schulungs- und Übungsphase der Patienten, bis bei etwa zwei Dritteln der sonst auf andere Weise nicht zu behandelnden Inkontinenz zufriedenstellende Ergebnisse erzielt werden und anfängliche Schwierigkeiten überwunden sind.

Künstlicher Schließmuskelersatz
Falls die bis hier genannten Operationsverfahren die Stuhlinkontinenz nicht beseitigt haben, so kann ein künstliches Schließsystem (Artificial bowel sphincter) als Sphinkterersatz für den nicht funktionierenden Schließapparat eingebaut werden. Ein ähnliches System hat sich bei der Blasenschwäche bereits bewährt. Ein manschettenartiger Ballon wird um den Analkanal gelegt, der mit einer Pumpe über ein Ventil mit Flüssigkeit aus einem Reservoir gefüllt oder entleert werden kann. Die Schließmuskelprothese wird vollständig unter die Haut eingepflanzt. Dieses System ist die letzte Hoffnung für Patienten, denen früher häufig nur noch ein künstlicher Darmausgang (Anus praeternaturalis) angelegt werden konnte, weil es keine Aussicht auf eine Wiederherstellung der Stuhlkontinenz gab.

Reparaturoperationen des Schließmuskels

Bei allen Sphinkterdefekten ist eine Sphinkterrekonstruktion die Therapie erster Wahl. Bei klar definiertem „kleinen“ Defekt wird Kontinenz in bis zu 90% erzielt. Bei sehr ausgedehnten Läsionen sind zusätzliche Sphinkteraugmentationen erforderlich.
In Fällen eines Sphinkterdefekts – post partum, postoperativ und posttraumatisch – ist die Therapie der Wahl eine Sphinkterrekonstruktion. Mittels direkter Naht wird die dehiszente Muskulatur readaptiert . Speziell beim geburtstraumatischen, ventralen Defekt wird dies nach Möglichkeit mit einer Approximation der Levatormuskulatur, dem M. puborectalis kombiniert. Die Erfolgsraten liegen zwischen 43% und 89% . Während das Alter des Patienten und die Dauer der zurückliegenden Verletzung ohne Einfluss sind, ist eine gleichzeitig vorliegende neurogene Störung ungünstig.

Liegt kein umschriebener Defekt vor, so bleibt nur die Möglichkeit einer Raffung der Muskulatur: dorsale Raffung (post-anal repair) , ventrale Raffung (preanal repair) und die kombinierte Raffung dorsal und ventral (total pelvic floor repair). Das von Sir Alan Parks vor erst 30 Jahren Post anal Repair wurde in den 70er und 80er Jahren weltweit favorisiert, da eine Alternative nicht zur Verfügung stand. Da die ersten Ergebnisse mit Erfolgsraten von bis zu 90% berichteten und die Komplikationsrate sehr niedrig lag, wurde die Methode lange unkritisch angewandt.

Erst in den letzten 6 – 8 Jahren wurden erste Langzeitergebnisse mit ernüchternden Resultaten publiziert. Die initialen Erfolgsraten von 60 – 80% sinken in Laufe von 5 Jahren auf 22 – 27% . Seither wird die Methode nur noch in Einzelfällen eingesetzt. Sowohl das pre-anal repair als auch das total pelvic floor repair wurden nur von wenigen Arbeitsgruppen eingesetzt. Die Erfolgsraten waren ebenfalls Anfangs euphorisch - mit folgender Ernüchterung. Hier ist sicherlich auch der Effekt moderner „evidenzbasierter“ Medizinstatistik mitverantwortlich.

Sakralnervenstimulation (Medtronic)

Da mit Impulsgebern ein geeignetes Instrument zur Verfügung stand, war es naheliegend hiermit direkt die Sakralnerven zu stimulieren, um einen verschlossenen Analkanal zu erreichen. Dies wurde erstmals von Matzel in Erlangen durchgeführt. Voraussetzung ist ein intakter M. sphincter ani externus. Somit könnte für die große Anzahl an Patienten mit schwerer idiopathischer und neurogener Inkontinenz eine Therapie angeboten werden. Die bisher nur sehr limitierten Ergebnisse berichten über sehr gute Kontinenzleistung. Von entscheidendem Vorteil ist hier die vorangehende, transkutane Testimplantation, die eine optimale Patientenselektion ermöglicht.
Bei der Sakralnervenstimulation handelt es sich um ein Elektrotherapieverfahren, das sich bei der Harninkontinenz bewährt hat. Es gleicht der Elektrostimulation, aber die elektrischen Impulse regen die Nerven an, die zum Beckenboden und der Schließmuskulatur des Afters führen und lösen dort Muskelkontraktionen aus. Ähnlich einem Herzschrittmacher werden die Stromimpulse von einem Generator abgegeben, der unter die Haut eingepflanzt wird. Die Elektroden werden dabei in die Öffnungen der Kreuzbeinwirbel gelegt und reizen dort die Nerven, die das Rückenmark verlassen. Das Verfahren ist bei Patienten anwendbar, bei denen die Nerven im kleinen Becken intakt sind und der Schließmuskel des Afters keine Schäden aufweist. Es wird auch bei Rückenmarkverletzten oder querschnittsgelähmten Patienten angewendet.

Bemessungsgrundlage
Vor Beginn der Behandlung ist es wesentlich, das Ausmaß des Stuhlinkontinenzleidens zu ermitteln. Dazu führt der Patient ein standartisiertes Stuhltagebuch, in dem Ausmaß und Intensität der Stuhlinkontinenz Erfaßt werden. Diese Daten dienen einer objektiven Bemessungsgrundlage der therapeutischen Wirksamkeit der spinalen Sakralnervstimulation.

Zuerst wird von außen geprüft, welcher Nerv die beste Kontraktion der Muskulatur auslöst. In einer längeren Testphase wird der Nervenschrittmacher getestet und die Verbesserung der Stuhlinkontinenz festgestellt. Erst dann werden der Impulsgenerator und die Elektroden operativ implantiert und vom Patienten von außen gesteuert.

Die technische v.a. industrielle Entwicklung hat in den vergangenen 10 Jahren neue Methoden hervorgebracht oder bekannte perfektioniert. Die Graziloplastik wurde mit einem Stimulator versehen, der künstliche Schließmuskel – artificial bowel sphincter – wurde aus der Urologie kommend weiterentwickelt. Die dynamische Graziloplasik ist dem Sphinkterersatzverfahren zuzurechnen. Die Fortentwicklung der bereits in den 50-iger Jahren entwickelten Graziloplasik, bei der der Grazilomuskel von seinem Ansatz an der Tuberositas tibiae gelöst und im Sinne eines Neosphinkters um den destruierten oder fehlangelegten Anus positioniert wird. Der Einsatz eines Niederfrequenz-Neostimulators hat zwei Konsequenzen:

  • Die Muskelfasertypisierung des Grazilomuskel wird transformiert und entspricht dann eher dem Muskelphenotypdes natürlichen quergestreiften analen Sphinkters.
  • Erst Aufgrund dieser biochemischen und physiologischen Umkonditionierung ist es möglich, die erwartete Dauerkontraktion mit Verschluß des Anus zu leisten.

  • Durch die Stimulation wird dieser Dauerverschluß zum unwillkürlichen Akt und durch bewußte Deaktivierung des Systems die Stuhlentleerung zum willentlich gesteuerten Ergebnis. Somit ist ein fast normaler Stuhlgang möglich.


Dynamische Grazilisplastik

Sollten die Reparaturoperationen am Schließmuskel nicht zum gewünschten Erfolg einer zufriedenstellenden Kontinenzleistung führen, so kann chirurgisch ein Ersatz für den Schließmuskel geschaffen werden. Dazu wird ein schlanker Muskel (M. gracilis) von der Innenseite des Beins schleifenförmig um den Analkanal gelegt und mit Nähten befestigt, daher stammt auch die Bezeichnung Grazilisplastik. Mit einem speziellen Schrittmacher, der am Unterbauch unter die Haut implantiert wird, kann der Muskel über zwei Elektroden gereizt werden, so dass er sich zusammenzieht und den Analkanal verschließt. Der Patient kann so über die Fernbedienung den Muskel entspannen und ganz normal zur Toilette gehen.
Die dynamische Grazilisplastik beruht auf dem Prinzip der schrittmacherstimulierten dauerhaften Kontraktion des um den analen Sphinkter als Manschette transponierten M. gracilis. Die dynamische Grazilisplastik stellt eine Weiterentwicklung der Pickrell'schen Grazilisplastik dar, die bei Erwachsenen nur mit unkalkulierbaren und damit unsicherem Erfolg angewandt werden kann ,da dieser quergestreifte Muskel nur willkürlich umgedreht werden kann. Dazu besteht der M gracilis im Unterschied zum externen Sphinkter zum größeren Teil aus Muskelfasern vom schnell ermüdenden Typ. Die dynamische Grazilisplastik macht sich das Phänomen zu Nutze, daß unter kontinuierlicher niederfrequenter Elektrostimulation der Anteil der ermüdungsresistenten Muskelfasern deutlich zunimmt. Darüberhinaus konnte tierexperimentell gezeigt werden, daß die durch die Elektrostimulation induzierten physiologischen Veränderungen eine dauerhafte elektrostimulierte tonische Muskelkontraktion zuließen. Die morphologischen und funktionellen Veränderungen des Muskels sind allerdings ohne dauerhafte Elektrostimulation reversibel. Der sich tonisch kontrahierende Muskel verschließt den Analkanal und gewährleistet damit die Kontinenz. Wird die Stimulation unterbrochen, erschlafft der Muskel und ermöglicht so eine Defäkation.

Operationstechnik
Der am proximalen, dem dominanten neurovaskularen Bündel gestielte Muskel wird mit Hilfe zweier perianal gegenüberliegender seitlicher Inzisionen so um den Sphinkter geführt, daß die Sehne am Tuberkulum des Os Ischii mit Naht fixiert wird. In derselben Sitzung oder nach mehreren Wochen wird der Schrittmacher implantiert, wobei die Elektroden nach der Methode von Baeten mit der Muskulatur in der Nähe des neurovaskulären Bündels oder nach der Methode von Williams mit dem Nerv selbst verbunden werden. Der Muskel wird dann über mehrere Wochen konditioniert, indem die Dauer der Elektrostimulation bei gegebener Pulsbreite und Frequenz bis zur kontinuierlichen Stimulation gesteigert wird.

Ergebnisse
Bisher wurde das Verfahren in unterschiedlichen Modifikationen weltweit bei etwa 300-400 Patienten, überwiegend mit erworbener und zu einem geringeren Anteil mit angeborener analer Inkontinenz, angewandt. Werden die Patienten ausgeschlossen, bei denen eine dynamische Grazilisplastik nach abdomino- perinealer Rectumextirpation vorgenommen wurde, liegt die Erfolgsrate zwischen 38 und 72%. Dabei sind die funktionellen Ergebnisse abhängig von der Ursache der Kontinenzstörung. So sind die Ergebnisse nach posttraumatischer Inkontinenz erwartungsgemäß besser als nach Analatresie und Pudendopathie, da bei letzteren nur einer von mehreren Kontinenzfaktoren korrigiert wird. So können mit der dynamische Grazilisplastik die bei der Pudendopathie gestörten Faktoren wie die rektale Sensitivität, die Compliance, der sphinkterinhibitorische Reflex und andere nicht beeinflusst werden. Bei 20- 36% entsteht oder manifestiert sich eine erschwerte Defäkation entweder durch eine Analstenose oder aufgrund verschiedener operationsunabhängiger Ursachen wie zum Beispiel die Verschlimmerung einer vorbestehenden Obstipation. Bei 5,8 -10% dieser Patienten erfordert die Obstruktion weitere Interventionen wie zum Beispiel ein kontinentes Colonconduit für die anterograde Irrigation. Die Komplikationsrate ist erheblich und liegt bei bis zu 75%. Ein großer Teil der Patienten, nach Wexner 100 %, nach Christiansen und Penninckx 70%, muß wegen einer technischen Komplikation wie zum Beispiel einer Elektrodendiskonnektion oder operativen Komplikation wie zum Beispiel einer Infektion reoperiert werden. Dabei ist die Operationsmorbidität unter anderem abhängig von der Erfahrung des Chirurgen. Die direkte Verbindung der Elektroden mit dem Nerven geht mit einer höheren technischen Komplikationsrate einher als die Verbindung mit der Muskulatur in der Nähe des neurovaskulären Bündels. Als weitere Koplikation kann Einschränkungen der Beinmotorik kommen, in dem der M. gracilis entnommen wurde. Ebenso sind häufiger Schmerzzustände des betreffenden Beines wahrscheinlich, besonders nach körperlicher Belastung.

Schlußfolgerung
Die dynamische Grazilisplastik ist das adäquate Verfahren zur Behandlung der posttraumatischen Inkontinenz mit Muskeldefekten, die mit einer Sphinkterrekonstruktion nicht überbrückt werden können. Bei angeborenen oder erworbenen neurogenen Störungen sollte die dynamische Grazilisplastik nur angewandt werden, wenn keine zusätzlichen schwere Obstipation vorliegt. Die dynamische Grazilisplastik stellt als aufwendiges Operationsverfahren mit einer langdauernden Nachbehandlung erhebliche Anforderungen an die Mitarbeit des Patienten, auch dies schränkt die Indikation ein. Durch diese Tatsache wird diese Operationsmethode heute nur noch in seltenen Fällen angewandt.

Leider gibt es immer noch Ärzte, die den Patienten über die Tatsachen dieser Operation nur unzureichend aufklären und den Patienten dadurch eine scheinbar gute Aussicht auf Erfolg vorhersagen. Tritt in so einem Fall der Erfolg nicht in der gewünschten Form ein, so ist das Vertrauensverhältnis zu den Ärzten nachhaltig gestört und kann nur schwer wieder in Ordnung gebracht werden.

artificial bowel sphincter - Künstlicher Schließmuskel

1987 verpflanzte Christiansen in Dänemark erstmals einen urologischen, künstlichen Schließmuskel zirkulär um den Analkanal. Hierbei verschließt ein aufblasbares Ballonsystem den Analkanal. Mittels einer subkutan liegenden kleinen Pumpe kann der Patient das System beliebig selbst steuern. Mittlerweile steht ein perianales Implantationsset, der artificial bowel sphincter für den Routineeinsatz zur Verfügung. Da ein Fremdkörper implantiert wird, ist eine Infektion das Hauptproblem. Dies führt häufig zur Explantation. Wenn das System aber funktionstüchtig eingesetzt wird, wird in nahezu allen Fällen Kontinenz für festen und flüssigen Stuhl erreicht.
Der Neosphinkter ist eine kleine mit Flüssigkeit gefüllte Prothese, die vollständig in den Körper implantiert wird. Diese Prothese besteht aus mehreren Komponenten.

  • Die Manschette umschließt den Enddarm und dichtet ihn so ab.
  • Ein kleiner Ballon enthält die Flüssigkeit für die Manschette.
  • Über Schläuche sind die einzelnen Komponenten verbunden.
  • Die Pumpe liegt im Skrotum und läßt sich von außen Ertasten.
  • Der Deaktivierungsknopf befindet sich am oberen Teil der Pumpe

  • Funktion der Prothese
    Die mit Flüssigkeit gefüllte Manschette umschließt mit sanften Druck den Enddarm. Zum Stuhlgang wird die Manschette durch mehrmaliges Drücken der Pumpe geöffnet. Damit fließt die Flüssigkeit aus der Manschette in den Ballon. Da die leere Manschette den Enddarm nichtmehr verschließt, kann sich der Stuhl aus dem Darm entleeren. Die Flüssigkeit fließt dann innerhalb weniger Minuten zurück in die Manschette und verschließt damit den Enddarm wieder.

    Untersuchungen durchführen
    Um Untersuchungen des Rektums und des übrigen Dickdarms durchführen zu können, muß die Prothese mit einem Knopf Deaktiviert werden. Damit wird der Enddarm offen gehalten, um die Instrumente einführen zu können. Nach Abschluß der Untersuchungen aktiviert der Patient die Prothese wieder und der Enddarm ist somit wieder verschlossen.

A.M.I. - Soft Anal Band System

Das A.M.I. Soft Anal Band-System ist ein kleines, flüssigkeitsgefülltes System, welches unter der Haut im Körper als Ganzes implantiert wird. Das Analband wurde für die Behandlung von schwerer bis totaler Stuhlinkontinenz entwickelt und versucht die natürliche Funktion des Schließmuskel nachzubilden, damit dem Patienten eine bessere Kontrolle über die Darmaktivitäten zu geben und dadurch die Kontinenz wieder herzustellen.

Aufbau des Analbandes
Das System besteht aus fünf Bauteilen. Ein Ring, dessen innere Öffnung verkleinert werden kann, wird als Analband um den Anal Kanal herum implantiert und somit den eigentlichen künstlichen Schließmuskel bildet, einem Mechanismus welcher Silikonballon genannt wird, einem Ventil zum Öffnen des implantierten Analbandes, dem Port zum Einstellen des erforderlichen analen Schließdruckes, Kalibrierport genannt, und den Verbindungsschläuchen, die im Röntgen sichtbar sind und die Bauteile Analband, Silikonballon, Kalibrierport und Ventil miteinander, unter der Haut liegend verbinden. Der Silikonballon und das Ventil werden typischerweise unter der Haut in den Bereichen des Schambeines, des Brustbeines oder der Bauchdecke implantiert.

Funktion des Analbandes
Das mit Röntgenkontrastmittel gefüllte Analband drückt zirkulär und sanft auf den Analkanal, um diesen geschlossen zu halten. Wenn der Patient Stuhlgang haben möchte, wird das Analband geöffnet, indem man das unter der Haut liegende Ventil ertastet und mit einem Finger für mindestens 30 Sekunden genügend Druck auf das Ventil ausübt, um ein Rückströmen der Systemflüssigkeit vom Analband in den Silikonballon zu ermöglichen. Dabei entleert sich das Analband, der Analkanal wird nicht weiter zusammengedrückt und Stuhl kann den künstlichen analen Schließmuskel passieren. Anschließend wird der vorgewölbte Hautbereich über dem Silikonballon mit dem Handballen oder mit der flachen Hand in die “System geschlossen” Stellung gedrückt. Dabei fließt die Systemflüssigkeit vom Silikonballon zurück in das Analband und der innenliegende Analkanal wird wieder sanft zusammengedrückt und geschlossen.

Wer kommt dafür in Frage
Das Analband ist nicht für jeden inkontinenten Patienten geeignet. Patienten, die wegen einer Colitis ulcerosa oder einer Rektumresektion keine dehnfähige Rektumampulle mehr haben, bauen schon bei kleinen Stuhlmengen zwischen 20 bis 50 ml einen Druck von mehr als 100 mmHg auf. Das überfordert auch einen intakten Sphinkter. Auch ein Analband nützt dann nichts, weil der Verschlußdruck des Analbandes überstiegen wird. Auch bei Patienten mit Morbus Crohn, bei denen der Sphinkter durch Fisteln zerstört ist, das Band nichts bringen. Jeder zweite Betroffene bekommt Rezidivfisteln, und ein Fremdkörper könnte massive Entzündungen triggern. Deshalb muß jeder Patient eingehend untersucht werden, um festzustellen, ob diese Therapie für ihn die geeignet ist. Eine Option ist das Band etwa für Patienten mit schlaffer Sphinkterlähmung, etwa bei Syringomyelie oder Multipler Sklerose, oder bei tiefem Cauda-Syndrom nach Bandscheibenprolaps oder Autounfall. Indikationen sind auch alte Sphinkterverletzungen nach Operationen oder Geburten. Ebenso ist das Analband für Kinder und Jugendliche noch nicht geeignet, da hier erstens keine Erfahrungen vorliegen und zweitens dieser Personenkreis sich noch in der Wachstumsphase befindet. Da das Analband nicht mitwächst, müßte das Analband dadurch häufiger ausgetauscht werden, was zum einen zusätzliche Kosten für die Krankenkassen bedeuten würde und auch eine zusätzliche Belastung für die Kinder und Jugendlichen darstellt. Ausgeschlossen von dieser Operation sind auch Personen, die aufgrund ihres körperlichen oder psychischen Zustandes nicht in der Lage sind, das System zuverlässig selbst zu bedienen.

Vor der Operation
Bevor die Operation durchgeführt werden kann, benötigt der Arzt einige Angaben zum aktuellen Status der Stuhlinkontinenz. Es wird daher vor der Operation für etwa 30 Tage ein Darm-Gewohnheitstagebuch vom Patienten geführt, in den die Ernährungsgewohnheiten und Stuhlgewohnheiten eingetragen werden. Ebenso wird in dieser Zeit auf Abführmittel und Stopfmittel wie Loperamid verzichtet, um realistische Werte zu bekommen. Eine klinische Erhebung der Stuhlinkontinenz (z.B. anorektale Manometrie, ...) muß vor der Implantation erfolgen, falls sie schon längere Zeit zurück liegt. Sind diese Daten erhoben, so kann eine Operation durchgeführt werden.

zur Vorbereitung auf die Operation ist eine vollständige Darmreinigung erforderlich, die bereits einige Tage zuvor mit schlackenarmer Kost ( keine Hülsenfrüchte, ...) begonnen werden sollte. Am Tag vor der Operation wird der Darm durch eine orthograde Darmspülung in Form der PEG-Lavage oder der Salinlavage gereinigt. Alternativ können die Patienten auch mit herkömmlichen Abführmitteln und Einläufen vorbereitet werden, es ist nur eine gute Darmreinigung sicher zu stellen. Eine antibiotische Prophylaxe ist dringend anzuraten, um Komplikationen bei der Wundheilung zu verringern.

Die Operation
Die Operation wird unter Vollnarkose durchgeführt und dauert etwa 1,5 Stunden. Der Patient wird in einer Steinschnittlage auf dem Operationstisch gelagert. Begonnen wird mit einem halbmondförmigen Schnitt oberhalb und unterhalb des Schließmuskels. Danach werden jeweils Links und Rechts die beiden Schnitte durch Tunnelschnitte verbunden. Mit dem Maßband wird die Länge des chirurgisch rund um den Analkanal geschaffenen Gewebetunnels gemessen und das entsprechende Analband ausgewählt. Die Manschette ist geteilt und umschließt als hohler anpassbarer Silikon-Gürtel den Schließmuskel. Nachdem das Analband eingesetzt wurde, werden die Verbindungen zum Ventil, zum Silikonballon und zum Kalibrierport geschaffen, dazu müssen nur kleine Hautschnitte gemacht werden.

Der Silikonballon und das Ventil kann dort implantiert werden, wo es für den Betroffenen am angenehmsten ist. Üblicherweise wird das Ventil in Höhe des Schambeins, des Brustbeins oder der Bauchdecke und der Silikonballon in der Nähe Implantiert. Der Kalibrierport kann auch an einer anderen Stelle implantiert werden und wird vom Arzt zum Befüllen des Systems, bzw. zum Anpassen des analen Schließdruckes, an Ihre spezifischen Bedürfnisse, verwendet. Über Schläuche aus röntgendichtem Silikon, werden die verschiedenen Bauteile miteinander verbunden und die Bewegung der Flüssigkeit innerhalb des Systems ermöglicht.

Das Ventil, ein kleines rundes Teil kann unter der Haut ertastet werden. Durch Druck mittels Finger auf diesen runden Teil für mindestens 30 Sekunden, kann die Flüssigkeit aus dem Analband in den Silikonballon zurückfließen. Der Anal Kanal wird geöffnet und Stuhlgang ist möglich. Der Silikonballon kann durch die Haut ertastet werden. Ein flacher Silikonballon zeigt an, dass die Systemflüssigkeit sich im Analband befindet und dieses geschlossen ist. Ein sich unter der Haut vorwölbender Silikonballon, zeigt an, dass sich die Flüssigkeit im Silikonballon befindet und das Analband geöffnet ist. In dieser Stellung des Silikonballon ist Stuhlgang möglich.

Das implantierte System wird nur zum Test der Komponenten befüllt und hinterher wieder entleert, um ein ungestörtes Abheilen der Wunden sicher zu stellen. Nachdem eine Sphinkter-Manometrie gemacht und alle Komponenten getestet wurden, können die Hautschnitte wieder vernäht und mit sterilen Kompressen abgedeckt werden. Nach der Operation bleibt der Patient noch einige Tage in der Klinik, um Komplikationen auszuschließen, eine präoperative Gabe von Antibiotika ist anzuraten. Da bei diesem Operationsverfahren alle Teile des Systems subkutan liegen, ist keine Eröffnung von Körperhöhlen notwendig. Dadurch ist dieses Operationsverfahren Risikoarm und Unblutig, es werden keine Blutkonserven während der Operation benötigt. Da bei diesem Verfahren keine Nerven des Schließmuskels durchtrennt werden, kann dieses System ohne Nachteile für den Patienten auch wieder entfernt werden.

Nach der Operation
Nach der Operation wartet man sechs Wochen, bevor das Band gefüllt wird. Während dieser Zeit ist es auch ratsam, für einen geregelten und weichen Stuhlgang zu sorgen, damit die Wunden, vorallem am Schließmuskel nicht zusätzlich belastet werden. Als günstig haben sich hier Lactolose und Flohsamen zur Stuhlregulierung herausgestellt. Nur wenn eine Obstpation besteht, ist es ratsam stimulierende Abführmittel zu nehmen. Die Wunden über den Hauttaschen am Unterbauch, in denen Ballon und Ventil liegen, sollen verheilt sein, damit es nicht weh tut, wenn der Patient auf Ballon und Ventil drückt. Sind die sechs Wochen um, kommt der Patient wieder in die Klinik und befüllt selbst das Analband. Dann wird eine Sphinkter-Manometrie gemacht. Der Verschlußdruck sollte 50 bis 120 mmHg betragen. Ein normaler Sphinkterdruck liegt zwischen 50 mmHg (in Ruhe) und 120 mmHg.

Die Kontinenz wird sechs Wochen nach Operation geprüft. Ein einfacher aber guter Test ist ein sogenannten Quark-Test, um auch einen klinischen Parameter für die Kontinenzleistung zu haben. Wie in Tests festgestellt wurde, kommt Magerquark einer normalen Stuhl-Konsistenz sehr nahe. Über ein Darmrohr wird mittels Blasenspritze 150 ml körperwarmer Quark langsam in die Rektumampulle gespritzt. Dann wird das Analband gefüllt und der Patient soll 15 bis 20 Minuten umher laufen, Treppen steigen und Lasten heben. Hat er das geschafft, ohne daß unwillkürlich etwas abgegangen ist, werden Analband und dann der Darm entleert. Der sogenannte Streßtest ist deshalb sinnvoll, weil Manometrien und Scores nicht richtig verläßlich sind. So können inkontinente Patienten normale Druck-Gradienten haben, andererseits gibt es Patienten mit manometrisch schwacher Sphinkterleistung, die aber klinisch kontinent sind. Damit hat der Patient mit dem Band einen Verschlußdruck wie mit einem gesunden Schließmuskel.

Erste Erfahrungen
Es gibt seit knapp zwei Jahren Erfahrungen mit dem Band, vorwiegend in Österreich. Bislang sind Komplikationen wie Fibrosen nicht bekannt. Narbenplatten waren ein Problem bei einem ähnlichen Kunstsphinkter (Artificial Bowl Sphinkter, ABS), der seit etwa 1990 verwendet wird. Es gab etwa Narbenstenosen, sodaß die ABS wieder entfernt werden mußten. Das Problem war die Silikonoberfläche der ABS, die Fibrosierungen auslöste. Das jetzt verwendete Analband hat eine Titanbeschichtung. Und von Titan-Prothesen und Titan-Netzen in der Hernienchirugie weiß man, daß der Körper inert darauf reagiert.

Seriös kann zum heutigen Zeitpunkt niemand sagen, wie lange ein solches System bei jedem einzelnen Patienten funktionieren wird. Wie bei jeder anderen biomechanischen Prothese ist auch dieses System einem gewissen Verschleiß ausgesetzt welcher die Lebensdauer der Prothese beeinträchtigen kann. Es kann nicht davon ausgegangen werden daß ein solches System ein ganzes Leben lang hält. Ein Nichtfunktionieren der Prothese kann dazu führen, dass ein neuerlicher chirurgischer Eingriff notwendig wird um das System zu ersetzen. Aber von ähnlichen Systemen weis man heute, daß mit einer mittleren Lebensdauer von etwa 15 bis 20 Jahren gerechnet werden kann. Um das Risiko für den Patienten so gering wie möglich zu halten, wird im ersten Jahr alle 3 Monate und dann jährlich eine Kontrolluntersuchung durchgeführt, um das System zu überprüfen und mögliche Fehlerquellen zu beseitigen. Der Patient wird dazu angehalten, alle unnormalen Beschwerden in Zusammenhang mit dem Implantat zu dokumentieren und dem Arzt mitzuteilen.

Nachteile des Analbandes
Wie bei anderen implantierbaren Systemen (künstlicher Schließmuskel) ist ein analer Geschlechtsverkehr mit dem Analband nicht möglich, er kann das implantierte Analband zerstören und sollte deshalb unbedingt vermieden werden. Daher sollte der Patient schon vor einer geplanten Operation mit seinem Arzt darüber sprechen, wenn er entsprechende sexuelle Vorlieben hat. Auch eine Schwangerschaft kann zu Problemen führen, wenn eine vaginale Geburt vorgesehen ist. Hier kann die Funktion des implantierten Analbandes beeinträchtigt werden. In so einem Fall könnte ein Kaiserschnitt Abhilfe schaffen. Ist eine MRI (Magnetic Resonance Imaging) Untersuchung geplant, so muß der untersuchende Arzt über das Implantat unterrichtet werden. Die Untersuchung selbst kann mit Ausnahme des Bereiches in dem der Titanium Einstell-Port implantiert ist ohne weiteres durchgeführt werden. Dieser Port ist der einzige Metall-Teil im System und es muß mit dem untersuchenden Arzt abgeklärt werden, ob dieser Teil den starken magnetischen Feldern einer MRI Untersuchung ausgesetzt werden darf, der A.M.I. Patientenpass ist dabei eine Hilfe.

Weitere Informationen
Da dieses Analband erst seit kurzem bei uns eingesetzt wird, sind natürlich noch längst nicht alle Ärzte über dieses Verfahren informiert. Die erste Klinik in Deutschland, die das Analband erfogreich eingesetzt hat, ist die städtische Klinik Rosenhöhe in Bielefeld. Termine zur ambulanten Sprechstunde erhalten die Patienten bei Privatdozent Mathias Löhnert oder Frau Schimmel unter der Tel.: 05 21 / 9 43 81 01.

Weitere Adressen: ......

MACE mit Spülstoma

Ein nicht gerade neues aber dennoch relativ unbekanntes Verfahren zur Behandlung der Stuhlinkontinenz stellt die Anlage eines Spülstomas dar. Zwar zählt diese Behandlung zu den operativen Verfahren, aber eigentlich ist es eine konservative Behandlungstechnik mittels einer Darmspülung.
Im April des Jahres 1989 wurde in dem Londoner public house The Moon, unweit des weltberühmten Great Ormond Street Hospital for Children, eine verblüffend einfache Idee zur Therapie der stigmatisierenden Überlauf-Stuhlinkontinenz bei chronischer Obstipation geboren. Das ursprünglich als ACE apostrophierte und später nach dem Erstbeschreiber Padraig Malone benannte Verfahren kombiniert den aus der rekonstruktiven Urologie stammenden intermittierenden Katheterismus einer antirefluxiven, kleinkalibrigen Röhre, dem Mitrofanoff-Prinzip mit einer antegraden Darmspülung, um eine möglichst vollständige Entleerung des Kolons zu erreichen. Die Technik sollte als Ultima Ratio nach dem Fehlschlagen sämtlicher herkömmlicher Behandlungsversuche und zur Vermeidung einer verstümmelnden Kolostomie bei Kindern und Jugendlichen mit Spina bifida nicht nur zur Beseitigung der Stuhlinkontinenz, sondern vor allem auch zu einer größeren Unabhängigkeit und damit zu einer signifikanten Verbesserung ihrer Lebensqualität führen. Zehn Jahre nach Publikation der vorläufigen Ergebnisse und durch schrittweise Erweiterung des Indikationsspektrums hat das Verfahren deutlich an Popularität und Verbreitung gewonnen. Mittlerweile wurden mehrere Modifikationen der operativen Technik und des Einlaufregimes beschrieben.

Indikationen
Eine Indikation für MACE stellen sämtliche Fehlbildungen und Erkrankungen dar, die mit einer durch chronische Obstipation hervorgerufenen Überlauf-Stuhlinkontinenz einhergehen, wie zum Beispiel Spina bifida, anorektale Malformationen, Rückenmarkverletzungen, aber auch der postoperative und idiopathische chronische Stuhlverhalt in sämtlichen Altersklassen. In jedem Fall sollten vor dem Einsatz von MACE sämtliche konservativen Therapieoptionen – retrograde Einläufe, Wash-outs, Suppositorien – vollständig ausgeschöpft worden sein. Auch wenn mit diesen Maßnahmen soziale Kontinenz erzielt werden kann, sollte bedacht werden, dass MACE den Betroffenen darüber hinaus nicht selten zu einer größeren Unabhängigkeit verhilft. Dies gilt in besonderem Maße für Rollstuhlfahrer, die bei der Applikation retrograder Einläufe oder manueller Ausräumung in der Regel auf die Hilfe Dritter angewiesen sind. Dieser Umstand wird häufig insbesondere von Jugendlichen als demütigend empfunden und verstärkt in vielen Fällen ohnehin bereits bestehende regressive Tendenzen.

Alter, Timing und Prognose
Während sich das ursprüngliche Patientenkollektiv ausschließlich aus Kindern und jungen Erwachsenen zusammensetzte, liegen inzwischen umfangreiche Erfahrungen mit MACE in fast allen Altersgruppen vor, wobei sich drei Autoren speziell der klinischen Wertigkeit der Methode bei Erwachsenen widmeten. Bei kongenitalen Fehlbildungen sollte der Operationszeitpunkt zwischen dem dritten Lebensjahr und dem Einsetzen der Pubertät liegen. In dieser Phase ist die Inkontinenz in der Regel vollständig ausgeprägt und der subjektive Leidensdruck der Kinder als erfolgsentscheidender Motivationsfaktor erheblich.Eine stabile soziale Situation und ein intaktes familiäres Umfeld gelten als günstige Faktoren für eine hohe postoperative Compliance. Propulsive Störungen wie etwa Morbus Hirschsprung, chronisch idiopathische Obstipation gelten als eher ungünstig im Hinblick auf einen Behandlungserfolg. In diesen Fällen wird MACE nur diskutiert, wenn ein Anus praeter die einzige Alternative darstellt.

Prinzip und präoperative Vorbereitung
In der ursprünglichen Version war MACE die Kombination zweier publizistisch und klinisch gut etablierter Prinzipien. Dass eine antegrade Darmspülung zu einer kompletten Entleerung des Kolons und damit zwangsläufig unabhängig von der Sphinkterfunktion zu einer temporären Kontinenz führen würde, war bekannt. Das praktische Problem der Applikation der Einläufe wurde durch die Übernahme einer in der Urologie weit verbreiteten Technik gelöst: die kontinente Appendikozökostomie basiert auf dem zehn Jahre zuvor von dem Franzosen Paul Mitrofanoff bei Patienten mit neurogener Blasenentleerungsstörung beschriebenen Flap-valve-Prinzip mit Kompression einer durch Tunnelbildung auf fast der gesamten Länge in die Reservoirwand inkorporierten Röhre (Appendikovesikostomie). Der Widerstand des so entstehenden Ventils nimmt bei Druckanstieg im vorgeschalteten Reservoir zu und verhindert so mit mehr als 90-prozentiger Zuverlässigkeit einen Flüssigkeitsaustritt. Vor dem Eingriff wird der Darm in üblicher Weise entleert, was in der speziellen Population bei entsprechend schonendem Vorgehen durchaus mehrere Tage in Anspruch nehmen oder gar unmöglich sein kann. Die unmittelbar präoperative Gabe parenteraler Antibiotika erfolgt gemäß den Gepflogenheiten in der Darmchirurgie.

Kontinenzmechanismus
Das katheterisierbare Conduit wurde ursprünglich in Analogie zum Mitrofanoff-Prinzip durch Abtrennen der Appendix an ihrer Basis mit Belassen einer Gewebemanschette, Drehen der Appendix, Kappen der Spitze und Implantation des distalen Segments in einen zökalen Schleimhauttunnel gebildet. Die Appendixbasis wurde in die Haut eingenäht. Inzwischen werden meist einfachere Techniken mit orthotoper Appendix verwendet. Der Wurmfortsatz wird dabei entweder in den Blinddarm eingeschlagen, ähnlich einer Nissen-Fundoplicatio, oder wie von Gerharz et al. beschrieben und von Malone empfohlen, nach Inzidieren der Taenia libera submukös eingebettet. Einige Autoren beschreiben auch ohne eine der beschriebenen Manipulationen gute Ergebnisse hinsichtlich der Kontinenz. Allerdings ist die Appendix weder immer verfügbar noch in jedem Fall für rekonstruktive Maßnahmen geeignet. In dieser Situation muss der Operateur mit adäquaten Alternativen vertraut sein. Als alternative Lösungen wurde die Verwendung von Ureterstümpfen, tubularisierter Darmwandlappen oder longitudinal verschmälerter Ileumsegmente beschrieben. Die meisten dieser Verfahren blieben jedoch Kuriositäten ohne klinische Relevanz oder besitzen ein sehr stark eingeschränktes Indikationsspektrum. Der initiale Enthusiasmus hinsichtlich transversal retubularisierten Ileums als Alternativtechnik der ersten Wahl wurde mit Verfügbarkeit der ersten Langzeitergebnisse gedämpft.An mehreren Zentren wird das MACE-Conduit mit exzellenten Ergebnissen laparoskopisch konstruiert. Aus den entsprechenden Berichten geht hervor, dass bei jungen Patienten ohne Voroperationen das Aufsuchen der Appendix und die Hautimplantation durch den Portkanal erheblich einfacher und weniger belastend ist.

Hautimplantation – Stomabildung
Die Schwäche des Prinzips liegt in der ausgeprägten Stenoseneigung des Stomas, meistens im Hautniveau. Die Stenoserate ist abhängig von Qualität und Länge der Nachbeobachtung und liegt bei durchschnittlich 29 Prozent. Wird ein Mitrofanoff-Stoma nicht genutzt, kommt es zur vollständigen Obliteration. Jüngere Modifikationen der Anastomose von Kontinenzmechanismus und Haut sollen die Stenoserate senken und kosmetisch günstigere Ergebnisse erzielen. Die verschiedenen Techniken ähneln alle dem von Rodeck erstbeschriebenen Einnähen eines U- oder V-förmigen Hautlappens in einen korrespondierend spatulierten Katheterkanal. Diese Maßnahme erscheint ausreichend, wenn die Mitrofanoff-Röhre in der Tiefe des Umbilikaltrichters an die Körperoberfläche angeschlossen wird. Wird der Unterbauch als Lokalisation für das Stoma ausgewählt, hat sich die so genannte VZQ-Technik bewährt; hierbei wird die Rodecksche Plastik durch einen zusätzlichen Hautlappen abgedeckt. Ein Katheter des Kalibers 8 bis 14 Charriere wird für 10 bis 21 Tage im neu geschaffenen Conduit belassen. Zwischen dem fünften und siebten postoperativen Tag wird mit der Applikation der Einläufe begonnen.

MACE in der Urologie – Doppelinkontinenz
In vielen Fällen von Stuhlinkontinenz besteht gleichzeitig eine ähnlich belastende Harninkontinenz, insbesondere bei hohen Rückenmarkläsionen. Hier liegt die Bedeutung der MACE-Prozedur für den rekonstruktiv tätigen Urologen. Eine einzeitige operative Beseitigung beider Probleme gilt inzwischen als Standardvorgehen. In der Regel wird dabei eine klassische Mitrofanoff-Vesikostomie mit MACE kombiniert, was die Existenz beziehungsweise Konstruktion zweier geeigneter tubulärer Strukturen erfordert. Entweder wird die Appendix geteilt oder es wird neben dem Wurmfortsatz eine der oben beschriebenen Alternativen genutzt. Mor et al. verwendeten in ihrer Serie Appendix, Ileum oder einen Zökumlappen für den MACE-Kanal und Ureter, Ileum oder tubularisierten Harnblasendetrusor als Zugang zur Blase, die beiden Stomata wurden unmittelbar nebeneinander im rechten Unterbauch platziert.

Einlauf-Regime
Der erste Einlauf wird über den intraoperativ eingelegten Katheter unmittelbar nach Einsetzen der Peristaltik, meist zwischen dem fünften und siebten postoperativen Tag, verabreicht. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass insbesondere der Patient im Rahmen eines ausführlichen Aufklärungsgesprächs mit dem Umstand vertraut gemacht wurde, dass das Etablieren eines erfolgreichen Einlauf-Regimes immer einige Wochen und nicht selten mehrere Monate in Anspruch nimmt. Applikationsfrequenz, Menge und Zusammensetzung des Einlaufs sind individuell unterschiedlich und nur schwer vorhersagbar. Zu Beginn sind tägliche Einläufe empfehlenswert, die Intervalle werden jedoch in der Regel auf jeden zweiten oder dritten Tag gestreckt. Die Dauer des Einlaufs, der Gesamtvorgang einschließlich des Abführens beträgt je nach Verträglichkeit im Durchschnitt cirka 40 bis 60 Minuten. Ursprünglich war als Stimulus eine Phosphat-Lösung mit 50 ml Phosphat verabreicht worden, gefolgt von 500 ml physiologischer Kochsalzlösung. Nach mehreren Fällen einer Phosphatintoxikation wurde empfohlen, eine Gesamtmenge von 100 ml Phosphat nicht zu überschreiten. Selten kommt es unter diesem Einlauf-Regime zu Schmerzen, die dann durch Spasmolytika oder Süßholzwurzelextrakt behoben werden können. In zahlreichen Zentren wird inzwischen Leitungswasser eingesetzt, ohne den Erfolg des Verfahrens zu schmälern.

Komplikationen Stomastenose
Wie aus den umfangreichen Erfahrungen mit dem Mitrofanoff-Prinzip bei urologischen Patienten nicht anders zu erwarten, firmiert auch in sämtlichen MACE-Serien die Stomastenose mit durchschnittlich 29 Prozent als häufigste Komplikation.Das Stenoserisiko bei MACE-Patienten ist durch die vergleichsweise niedrige Katheterisierungsfrequenz von zwei- bis dreimal täglich versus circa vierstündlich bei klassischer Appendikovesikostomie sogar erhöht, viele Autoren raten vor diesem Hintergrund daher zur prophylaktischen Kathetereinlage auch an den Tagen ohne Einlaufapplikation. Die Behandlung der Stomastenose ist in der Regel einfach und kann in Lokalanästhesie und unter ambulanten Bedingungen durchgeführt werden. Die fibrotischen Areale können mit dem Skalpell oder dem Sachse-Urethrotom inzidiert oder komplett entfernt werden. Einige Autoren berichten über den erfolgreichen Einsatz eines Lasers. Die alleinige Dilatation ist bei manifester Stenose nur selten auf Dauer erfolgreich.

Erfolg - Misserfolg

Inkontinenz – Leakage
Bei durchschnittlich elf Prozent der Patienten kommt es zu einem revisionsbedürftigen Flüssigkeitsaustritt über das Stoma, insbesondere unmittelbar im Anschluss an den Einlauf. Auf Grund dieser Tatsache tragen viele Patienten deshalb temporär Einlagen oder Windeln, um "Unfälle" zu vermeiden. Vor allem die gelegentlich deutliche Latenz bis zum Einsetzen des Behandlungserfolges hat bei einer Reihe von Patienten zur Aufgabe und damit zum Scheitern von MACE geführt.

Metabolische Störungen
Die Phosphatintoxikation mit konsekutiver hypokalzämischer Tetanie ist vor allem bei Kindern vor dem zweiten Lebensjahr ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Das mit maximal zehn Prozent bezifferte Risiko kann durch die Verabfolgung milderer Einläufe vollständig beseitigt werden. Einläufe mit Leitungswasser sollten wegen der Gefahr einer Hypernatriämie und Hyperchlorämie nur mit nicht enthärtetem Wasser erfolgen.

Scheitern von MACE
In den gesichteten Serien liegt der Anteil der Patienten, die MACE zum jeweiligen Untersuchungszeitpunkt regelmäßig und erfolgreich nutzten, zwischen 61 und 100 Prozent. Zu den Erfolgen werden allerdings in der Regel auch diejenigen Patienten gezählt, die MACE aufgrund einer Besserung ihrer Symptomatik nicht mehr anwenden. Alle Autoren stimmen prinzipiell darin überein, dass die meisten Fehlschläge auf einer schlechten Planung im Vorfeld der Operation und weniger auf dem Prinzip selbst beruhen. Insbesondere bei Kindern und Heranwachsenden ist eine umfassende interdisziplinäre Abklärung der Patienten und des sozialen Umfeldes wünschenswert. Da auch die effiziente Anwendung von MACE nicht zu einer vollständigen Normalisierung führt, bewahrt eine realistische Erwartungshaltung die Patienten vor demotivierenden Enttäuschungen. Aufklärungsgespräche sollten idealerweise unter Einsatz von Lehrvideos geführt werden. Weiter hat sich als Vorteilhaft erwiesen, daß Gespräche mit Betroffenen, die die MACE-Technik bereits verwenden einen guten Beitrag zur Entscheidungsfindung leisten können.

Zusammenfassung

Hat man dem Problem der Harninkontinenz bei Patienten mit dysrhaphischen Fehlbildungen schon früh Aufmerksamkeit geschenkt, war noch bis vor wenigen Jahren die Stuhlinkontinenz in vielen Fällen der limitierende Faktor im Hinblick auf eine gelungene soziale Integration.Selbst bei Erfolg sind konservative Maßnahmen zur Darmentleerung wie retrograde Einläufe, Suppositorien und die manuelle Ausräumung auf Dauer nur schwer zu akzeptierende Prozeduren, da sie die Betroffenen unweigerlich in eine von großer Verlegenheit geprägte, lebenslängliche Abhängigkeit von ihren Eltern, dem Pflegepersonal oder anderen Dritten zwingen und halten. Die von Malone et al. beschriebene, verblüffend naheliegende Kombination des aus der rekonstruktiven Urologie stammenden Mitrofanoff-Prinzips und der antegraden Darmspülung war zunächst nur als Alternative zur Kolostomie bei konservativ therapierefraktären Fällen gedacht.

Mit zunehmender Erfahrung wurde das Indikationsspektrum vorsichtig erweitert und von Kindern und Jugendlichen auch auf Erwachsene ausgedehnt. Inzwischen erlaubt das große Repertoire technischer Optionen eine Adaptation der Methode auf praktisch jede anatomische und funktionelle Situation. Einige Autoren raten sogar in dem speziellen Krankenkollektiv und in Antizipation einer möglichen rekonstruktiven Nutzung des Wurmfortsatzes von der Gelegenheitsappendektomie ab. Die Pflege des Stomas und die Applikation des Einlaufs ist auch für Kinder und an den Rollstuhl gebundene Patienten problemlos und im Wesentlichen ohne fremde Hilfe möglich.

Banieghbal und Davies konnten mit ihrem Bericht über den erfolgreichen Einsatz von MACE bei Kindern aus der untersten sozialen Schicht Südafrikas eindrucksvoll belegen, dass das einfache Verfahren auch unter widrigen Umständen und jenseits westeuropäischer Standards praktikabel ist. Eine signifikante Stärkung des Selbstvertrauens sechs Monate nach MACE konnte unter Einsatz standardisierter Instrumente bei Kindern mit Myelomeningozele nachgewiesen werden. Bei der Indikationsstellung muss insbesondere auch das soziale Umfeld sorgfältig berücksichtigt werden. Eine hohe Motivation vonseiten des Patienten und seiner Angehörigen ist unabdingbare Voraussetzung für einen Behandlungserfolg. Ähnlich wie für die komplexen Formen der Harnableitung gilt auch für das MACE-Verfahren, dass Indikationsstellung, Eingriff, Etablierung des Einlauf-Regimes und Nachsorge Zentren mit entsprechender Erfahrung vorbehalten bleiben sollten.

Wer weitere Fragen zu diesem Verfahren hat, der kann sich mit Priv.-Doz. Dr. med. Elmar W. Gerharz der Urologischen Klinik und Poliklinik der Bayerischen Julius Maximilians-Universität in Würzburg in Verbindung setzen, um weitere Informationen zu dieser Behandlungstechnik zu erhalten.


weitere operative Behandlungen

Es gibt aber auch noch verschiedene andere operative Verfahren, um dem Patienten mit Stuhlinkontinenz zu Helfen. Hier kommen unter anderen auch Techniken zum Einsatz, die aus der plastischen Chirurgie bekannt sind.
Kollagen
In den letzten Monaten wurden weitere neue Therapiealternativen publiziert. Die subanodermale Injektion von Kollagen, Silikon oder Kohlenstoffpartikeln könnten ein Therapieansatz speziell bei Läsionen des Sphinkter ani internus sein. Bei der Anwendung der „Radiofrequenzy energy delivery“ wird mit winzigen Elektroden der craniale Teil der Anoderms und des Sphinkter ani internus gezielt lokal degeneriert und so das Kollagen verändert. Diese Therapien wurden bisher nur an kleinen Kollektiven durchgeführt, eine Beurteilung ihrer Effektivität ist derzeit verfrüht. Die initialen Resultate sind jedoch erstaunlich gut und sollten zu weiterer Evaluation ermutigen.

Anlage eines Stomas
Da viele Patienten durch ihre Inkontinenz derart sozial isoliert werden bzw. sich selbst isolieren, ist die Anlage eines Stomas eine deutliche Verbesserung. Mit heutigen modernen Hilfsmitteln ist ein soziales Eingliedern ohne wesentliche Schwierigkeiten möglich. Läßt sich mit keiner Therapie eine für den Patienten subjektiv zufriedenstellende Situation erreichen, so steht die Stomaanlage, möglichst in minimal invasiver Technik, zur Verfügung. Diese „kontrollierte Inkontinenz“ bringt den meisten Patienten eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität im Vergleich zur zuvor unkontrollierten analen Inkontinenzsituation.


Das Stoma - eine Alternative?

Die definitive Stomaanlage bei Stuhlinkontinenz bedeutet für den Therapeuten den endgültigen Verzicht auf rekonstruktive Maßnahmen und steht meist am Ende fehlgeschlagener Voroperationen. Dementsprechend findet sich die Kolostomie meist verschämt als Seitenast aufwendiger Entscheidungsbäume. Ob ein Stoma für den Patienten wirklich eine Erleichterung seiner Situation darstellt, das kann nur in ausführlichen Gesprächen mit dem behandelnten Arzt besprochen werden. Auch ist eine psychologische Betreuung bei der Entscheidungsfindung von großer Wichtigkeit.
Anders als beim Tumorleiden kann die Stomaanlage bei Stuhlinkontinenz nicht die Lebensrettung sondern lediglich eine gewisse Verbesserung der Lebensqualität versprechen. Daher wird der Patient die Aufgabe der natürlichen Kontinenz bestenfalls als das geringere von zwei unangenehmen Übeln sehen. Wie wenig diese Sicht vom nicht Betroffenen nachvollzogen werden kann, zeigt das lange Festhalten von schwerst inkontinenten Patienten an einem objektiv funktionslosen und unkontrollierbaren Darmausgang, der lediglich den Vorteil hat, sich an der "richtigen" nämlich von der Natur vorgegeben Stelle zu befinden. Auch mit den aufwendigsten Studien zur Lebensqualität lässt sich diese irrationale und paradoxe Sichtweise nicht erklären.

Die Frage nach der Indikation für eine Stomaanlage muß aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Das therapeutische Team kann vor einem Gewissenskonflikt stehen. Ist ein Stoma das notwendige Übel,das es um jeden Preis zu verhindern gilt? Oder kann es, auch wenn es sich natürlich niemand wünscht, nich doch ein sinnvolles therapeutisches Mittel zum Zweck einer besseren Lebensqualität sein? Entscheidend ist - wie schon gesagt - der Blickwinkel. Bleibt allein die althergebrachte Horrorvision vom "Seitenausgang" als Alternative und ist ein Stoma wirklich so schrecklich, "wie uns die alten 'sungen ....", so ist dies wohl eher abschreckend als motivierend. Früher gab es auch kaum Betreuungsangebote durch Stomatherapeuten geschweige denn das heutige Versorgungsangebot.

Daher sollte die Indikation zur Kolostomie oder Ileostomie frühzeitig als eine unter anderen Behandlungsalternativen behutsam erwähnt und vor allem erklärt werden. Der irrationalen Furcht vor dem Stoma sollten kompetente Information und der Kontakt mit Betroffenen entgegengesetzt werden. Wie Studien zeigen, ist eine verständliche Information der beste Weg zur Akzeptanz. Dem Chirurgen obliegt es, dem mit zahlreichen, letztlich erfolglosen Voroperationen psychisch belasteten Patienten durch eine perfekte Stomaanlage die Lebensqualität zurückzugeben, die er jahrelang vermissen mußte.

Dazu gehören:

  • die exakte präoperative Markierung der Stomaposition,
  • das spannungsfreie Herausleiten des Darmes,
  • eine leicht prominente intrakutane Fixierung des Kolons,
  • eine deutliche Prominenz des Ileums,
  • das Vermeiden einer prästomalen Siphonbildung,
  • die richtige Auswahl der Versorgung,
  • die frühzeitige Anleitung zur Irrigation und
  • die Vermittlung von Kontakten zu Betroffenen, falls dies nicht schon zuvor geschehen ist.

  • Im Idealfall wird der Betroffene dann die leidvolle Zeit der Inkontinenz als verlorene Zeit abhaken und seine Zeitrechnung mit dem Datum der Stomaanlage neu beginnen.

Aussichten für die Zukunft

Die Verletzung des Nervus pudendus führt zu Harn- und Stuhlinkontinenz. Zur Verletzung des Nervus pudendus kommt es durch Traumen mit Beckenbeteiligung, bei tiefen Rückenmarksschädigungen mit Verletzung der Sakralnervenwurzeln oder bei Geburtsverletzungen. Neurourologisch besteht heutzutage die Möglichkeit der Behandlung mit Sphinkterprothesen, der Nervenstimulation und der Muskelverpflanzungen zur Kontinenzerlangung, jedoch ist keine der bisher praktizierten Therapiemethoden wirklich befriedigend.
Andererseits besteht aber auch die Möglichkeit der mikrochirurgischen Nervenanastomosierung, wie sie zum Beispiel schon seit Jahrzehnten bei peripheren Facialisverletzungen (Verletzungen des Gesichtsnervs) mittels der Facialisanastomose bzw. der Hypoglossus-Facialis-Kreuzanastomose praktiziert wird.

Bis heute ist wenig über die neurobiologischen Reparationsvorgänge bekannt, die im spinalen Nervenkern (Nukleus Onuf) des Pudendusnervs nach peripheren Nervenverletzungen stattfinden. Seit geraumer Zeit ist bekannt, dass das periphere und zentrale Nervensystem in der Lage sind, kontinuierlich und dynamisch auf externe und interne Einflüsse zu reagieren. Von besonderem Interesse sind dabei die neuronale Plastizität und Nervenregeneration mit dem Aufbau neuer axonaler Verbindungen zum Muskel.

Tatsache ist, dass bis heute weder der Einfluss der mikrochirurgischen Anastomose des verletzten Nervus pudendus auf das Nervensystem oder auf den analen bzw. urethralen Sphincter experimentell untersucht worden ist noch eine mikrochirurgische operative Technik zur Versorgung von Pudendusverletzungen entwickelt wurde. Ziel ist es, eine funktionierende axonale Verbindung nach peripheren Pundendusverletzungen mittels mikrochirurgischer Operationstechnik zu entwickeln und im Versuch anzuwenden. Voruntersuchungen lassen auf gute Erfolgschancen schliessen. Damit liesse sich die Lebensqualität der betroffenen Parienten wesentlich verbessern.

Bleibt also Abzuwarten, was die Medizin in den nächsten Jahren auf dem Gebiet der Nervenanastomosierung noch Leisten wird. Gerade hier ist noch ein großes Potential an Forschung nötig, um das Wissen zu erweitern.



Das GASS - German Artificial Sphincter System

Ein neuer, intelligenter und voll implantierbarer Schließmuskelersatz soll diesen Patienten künftig helfen vor allem jenen 20 Prozent der Betroffenen, bei denen herkömmliche Methoden fehlschlugen. Auch für Menschen mit künstlichem Darmausgang dürfte das Gerät geeignet sein. Entwickelt haben es Dr. Hans-Jürgen Schrag und sein Team von der Universität Freiburg. Die Prothese besteht aus zwei Teilen: Der künstliche Schließmuskel selbst wird am unteren Darmausgang um den defekten Schließmuskel gelegt. Eine Steuereinheit sitzt unter der Haut in der Bauchwand. Sie hat etwa die Größe einer Streichholzschachtel und beherbergt auch die Batterien. Diese können durch Induktion von außerhalb des Körpers aufgeladen werden, ein Batteriewechsel entfällt folglich. Gesteuert wird die Apparatur per Funk mit einem kleinen Handsender. Noch befindet sich der künstliche Schließmuskel in der Entwicklung. Etwa Anfang 2007 soll er erstmals am Menschen getestet werden.

So funktioniert der Ersatzschließmuskel
Bei dem von Dr. Schrag und seinem Team vorgeschlagenen künstlichen Schließmuskel wird eine elastische Trägerhülse den nicht mehr funktionsfähigen Schließmuskel des Enddarms zirkulär umfassen. An der Innenseite der Trägerhülse befindet sich eine Kompressionseinheit, ein so genannter Kompressionscuff, der sich durch Befüllen mit einer Flüssigkeit aufbläht und so den Darm von außen zusammendrückt. Das Füllen und Entleeren des Cuffs geschieht mittels einer Mikropumpe, die die Flüssigkeit zwischen dem Kompressionscuff und einem Reservoir hin- und hertransportiert. Mit diesem Bauteil wird eine weitgehende Miniaturisierung des gesamten Systems möglich. Alle Cuffs, die Mikropumpe, sowie Teile der Steuerelektronik und der Energieversorgung können in der Trägerhülse untergebracht werden. Somit vereinfacht sich die Implantation erheblich, das Infektionsrisiko sinkt und das gesamte Gerät ist weniger störanfällig.

Der Cuff-Ansatz stellt drei Anforderungen an die Mikropumpe. Erstens muss eine ausreichende Förderrate auch bei bereits teilweise aufgebautem Druck im Cuff erzielt werden, um den Darm schnell zu schließen. Zweitens muss der einmal geschlossene Darm dicht bleiben, der Druck im Cuff also gehalten werden. Die Pumpe muß somit eine zuverlässige Ventilfunktion beinhalten. Drittens muss der Druck im Cuff wiederabgebaut werden, um ein Öffnen des Darms zu ermöglichen. Diese Anforderungen sollen mit einer piezoelektrischen Siliziumpumpe erfüllt werden.



Material und Methoden
Die aus Polyurethan (PU) gefertigten Hohlkörper der GASS-Kompressions- und Reservoircuffs sind auf einem flexiblen Trägerring angebracht und mit einer speziellen, bidirektionalen Piezomikropumpe, mit integrierten Mikroventilen verbunden. Im Gegensatz zu Silikon beruht die In-bzw. Deflation auf dem Prinzip der PU-Körper Deformierung. Die biomechanische Evaluation erfolgte in vitro an isolierten Kolon- und Analkanalpräparaten vom Schwein mit Hilfe einer 8 Kanal Perfusionsmanometrie (Medtronic). Der getestete Prototyp misst im Innendurchmesser 30 mm, der maximale Aussendurchmesser beträgt 55 mm (max. Cex-Inflation).

Ergebnisse
Das spezielle Cuff-Design zeigt einen linearen Cint-Druckanstieg ab 6,5 cc und erreicht einen medianen Spitzendruck von 385 mmHg (supramaximales Füllvolumen: 8 cc, Hysterese zwischen 1-6,5 cc). Die Kontinenzschwelle für flüssige Stuhlanaloga (Flussdruck >200 cm H20) beträgt in Abhängigkeit der Präparatedurchmesser zwischen 6,5 und 7 cc, verbunden mit einem medianen intraluminalen Druckanstieg zwischen 39 und 76 mmHg. Die 30x10x2mm messende Mikropumpe hat ein derzeitiges Leistungsspektrum von 1ml/min (Druckaufbau 150 mm Hg, druckresistent bis 750 mm Hg).

Schlussfolgerung
Minimale Totraumvolumen und das spezielle Cuff-Design ermöglichen den Einsatz einer speziell konzipierten Mikropumpe und gewährleisten somit ein hochintegratives Funktionsprinzip der patentierten GASS-Prothese. Die intraluminal erreichten Drücke sind denen des klinisch relevanten Acticon ABS vergleichbar und implizieren den gewebeprotektiven Einsatz im Bereich des Analkanals bei hoher Kontinenzleistung.

Aktueller Stand
Zu Beginn des Projekts wurde das mechanische und fluidische Verhalten der Pumpe simuliert und der Herstellungsprozess definiert, sowie eine Ansteuerelektronik entwickelt. Die Pumpe wurde seit dem kontinuierlich verbessert. Gegenwärtig wurde mit der Integration der Pumpe in das Cuff-System begonnen.

Ansprechpartner

Alexander Doll
E-Mail:
Telefon: +49 761 203-7584
Fax: +49 761 203-7492
Raum: 102-01-075

Prof. Dr. Dr. h.c./RC U. Hopt / Dr. med. H.J. Schrag
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Chirurgische Universitätsklinik
Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie
Hugstetterstraße 55
D-79106 Freiburg