Die definitive Stomaanlage bei Stuhlinkontinenz bedeutet für den Therapeuten den endgültigen Verzicht auf rekonstruktive Maßnahmen und steht meist am Ende fehlgeschlagener Voroperationen. Dementsprechend findet sich die Kolostomie meist verschämt als Seitenast aufwendiger Entscheidungsbäume. Ob ein Stoma für den Patienten wirklich eine Erleichterung seiner Situation darstellt, das kann nur in ausführlichen Gesprächen mit dem behandelnten Arzt besprochen werden. Auch ist eine psychologische Betreuung bei der Entscheidungsfindung von großer Wichtigkeit.
Anders als beim Tumorleiden kann die Stomaanlage bei Stuhlinkontinenz nicht die Lebensrettung sondern lediglich eine gewisse Verbesserung der Lebensqualität versprechen. Daher wird der Patient die Aufgabe der natürlichen Kontinenz bestenfalls als das geringere von zwei unangenehmen Übeln sehen. Wie wenig diese Sicht vom nicht Betroffenen nachvollzogen werden kann, zeigt das lange Festhalten von schwerst inkontinenten Patienten an einem objektiv funktionslosen und unkontrollierbaren Darmausgang, der lediglich den Vorteil hat, sich an der "richtigen" nämlich von der Natur vorgegeben Stelle zu befinden. Auch mit den aufwendigsten Studien zur Lebensqualität lässt sich diese irrationale und paradoxe Sichtweise nicht erklären.
Die Frage nach der Indikation für eine Stomaanlage muß aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Das therapeutische Team kann vor einem Gewissenskonflikt stehen. Ist ein Stoma das notwendige Übel,das es um jeden Preis zu verhindern gilt? Oder kann es, auch wenn es sich natürlich niemand wünscht, nich doch ein sinnvolles therapeutisches Mittel zum Zweck einer besseren Lebensqualität sein? Entscheidend ist - wie schon gesagt - der Blickwinkel. Bleibt allein die althergebrachte Horrorvision vom "Seitenausgang" als Alternative und ist ein Stoma wirklich so schrecklich, "wie uns die alten 'sungen ....", so ist dies wohl eher abschreckend als motivierend. Früher gab es auch kaum Betreuungsangebote durch Stomatherapeuten geschweige denn das heutige Versorgungsangebot.
Daher sollte die Indikation zur Kolostomie oder Ileostomie frühzeitig als eine unter anderen Behandlungsalternativen behutsam erwähnt und vor allem erklärt werden. Der irrationalen Furcht vor dem Stoma sollten kompetente Information und der Kontakt mit Betroffenen entgegengesetzt werden. Wie Studien zeigen, ist eine verständliche Information der beste Weg zur Akzeptanz. Dem Chirurgen obliegt es, dem mit zahlreichen, letztlich erfolglosen Voroperationen psychisch belasteten Patienten durch eine perfekte Stomaanlage die Lebensqualität zurückzugeben, die er jahrelang vermissen mußte.
Dazu gehören:
- die exakte präoperative Markierung der Stomaposition,
- das spannungsfreie Herausleiten des Darmes,
- eine leicht prominente intrakutane Fixierung des Kolons,
- eine deutliche Prominenz des Ileums,
- das Vermeiden einer prästomalen Siphonbildung,
- die richtige Auswahl der Versorgung,
- die frühzeitige Anleitung zur Irrigation und
- die Vermittlung von Kontakten zu Betroffenen, falls dies nicht schon zuvor geschehen ist.
Im Idealfall wird der Betroffene dann die leidvolle Zeit der Inkontinenz als verlorene Zeit abhaken und seine Zeitrechnung mit dem Datum der Stomaanlage neu beginnen.